Pressemitteilung „Wir sind für Sie nah.“ – Kampagne macht auf schwierige Lage der Arztpraxen aufmerksam

„Wir sind für Sie nah.“ – Kampagne macht auf schwierige Lage der Arztpraxen aufmerksam

KVN-Vorstand: „Allerhöchste Zeit für einen gesundheitspolitischen Richtungswechsel. Politik muss jetzt handeln!“

Mit der bundesweiten Kampagne „Wir sind für Sie nah“ wollen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) gemeinsam klarmachen, dass es allerhöchste Zeit für einen gesundheitspolitischen Richtungswechsel ist: Politik muss jetzt handeln!

 

„Es ist leider traurige Realität, dass die Situation der ambulanten Versorgung äußerst kritisch ist. Wir haben die Politik bereits mehrfach nachdrücklich darauf hingewiesen“, sagte der KVN-Vorstandsvorsitzende, Mark Barjenbruch, heute in Hannover. Allerdings habe man dort den Ernst der Lage bislang nicht erkennen wollen. „Im Gegensatz dazu ist die Sorge in der Bevölkerung längst angekommen. In einer aktuellen Umfrage der KBV geben fast 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger an, dass ihnen das Thema ambulante ärztliche Versorgung wichtig ist.“

 

Laut dieser aktuellen Umfrage befürchtet die Hälfte der über 5.000 Befragten, dass ihre Arztpraxen in naher Zukunft schließen werden. Über 62 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sich Arztpraxen aktuell in einer Notlage befinden. 72 Prozent der Patientinnen und Patienten sagen, ihre Ärzte sind Vertrauenspersonen für sie. Über 86 Prozent der Befragten ist die Nähe zum Wohnort bei der Wahl einer Ärztin oder eines Arztes wichtig.


„Bei diesen Aussagen handelt es sich nicht um das Gerede von Funktionären, sondern um echte Sorgen der Bürgerinnen und Bürger“, konstatierte Barjenbruch. „Aus diesem Grund haben wir diese Kampagne gestartet. Denn sie zeigt, was die niedergelassenen Praxen auszeichnet: die Nähe zu den Patientinnen und Patienten.“ Daher müssten die Rahmenbedingungen der ambulanten Versorgung für acht Millionen Patientinnen und Patienten in Niedersachsen schnell und konsequent verbessert werden – beispielsweise durch Abbau der überbordenden Bürokratie oder Verbesserung der bislang dysfunktionalen Digitalisierung. Barjenbruch: „Die Politik muss handeln – und zwar jetzt!“

Der stellvertretende KVN-Vorstandsvorsitzende Thorsten Schmidt ergänzte: „Diese Kampagne zeigt die emotionale Nähe zwischen Arzt und Patient, die es nur in Praxen gibt. Deshalb ist die Praxis vor Ort so eminent wichtig.“ Mancherorts sei sie der Mittelpunkt eines Dorfes. Sie nehme eine wichtige soziale Funktion in einer Kommune ein. Über Generationen hinweg gingen die Menschen zu „ihrem Arzt“ oder „ihrer Ärztin“. „Daher sind Praxen so außerordentlich wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, stellte der KVN-Vize klar.

 

Schmidt: „Die politischen Rahmenbedingungen torpedieren jedoch die Arbeit der Niedergelassenen.“ Er verwies auf alarmierende Zahlen: „Aktuell sind 549 Hausarztsitze in Niedersachsen unbesetzt. Bedenklich ist zudem, dass bei den Hausärztinnen und Hausärzten die Abgangsraten durch die Babyboomer steigen.“ Vor allem in ländlichen Regionen drohe ein erheblicher Hausarztmangel. Hier wirkten sich die zu geringen Studienplatzzahlen für Medizin unmittelbar auf die Versorgung aus.


„In Niedersachsen sind über 32 Prozent aller Ärzte und Psychotherapeuten über 60 Jahre alt. Das Durchschnittsalter aller Ärztinnen und Ärzte liegt bei 54,6 Jahren. Hinzu kommt: 61 Prozent aller niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten überlegen, früher in den Ruhestand zu gehen“, so Schmidt.

 

KVN-Vorständin Nicole Löhr verwies darauf, dass sich die Rahmenbedingungen entscheidend verändern müssten, wenn die Niederlassung auch für die nachfolgende Generation weiterhin eine erstrebenswerte berufliche Option bleiben solle. Heutzutage könnten sich die angehenden Medizinerinnen und Mediziner aussuchen, wo sie arbeiten wollen. „Unter den aktuellen politischen Gegebenheiten wird sich allerdings kaum ein angehender Arzt oder eine angehende Medizinerin für die eigene Praxis entscheiden. Damit bricht das Fundament der medizinischen Versorgung in diesem Land langsam, aber stetig weg“, warnte Löhr.

 

„Mit dieser multimedialen Kampagne wollen wir die Politik auf allen Ebenen, ob in der Gemeinde oder im Bund, aufrütteln“, erklärte Löhr. Das werde unter anderem über TV, Print, Internet und via Social Media geschehen. Denn oftmals entstünde der Eindruck, dass die politische Aufmerksamkeit ausschließlich Krankenhäusern gelte. „Eine gute Krankenhausreform ist ohne Verbesserung der ambulanten Versorgung aber ebenso wenig möglich wie umgekehrt“, so Löhr. „Letztlich wollen Ärzte und Patienten dasselbe: eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe ambulant Versorgung.“

 

Weitere Kampagneninfos unter www.kvn.de und unter https://rettet-die-praxen.de/

Kampagnen-Bike

KVN-Vorständin Nicole Löhr und stellv. Vorstandsvorsitzender Thorsten Schmidt vor dem Kampagnen-Bike

Quelle: KVN,    Download (1,4 MB)