Pressemitteilung

Praxis

„Win-Win-Win-Situation“ - Land fördert Barrierefreiheit in Praxen auf dem Land mit 800.000 Euro

Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung unterstützt Hausärztinnen und Hausärzte auf dem Land bei der barrierefreien Ausgestaltung ihrer Praxen. Rund 800.000 Euro stehen bereit für höhenverstellbare Untersuchungsmöbel, bauliche Änderungen um die Zugänglichkeit zur Praxis auch für Rollstuhlfahrende zu erleichtern, behindertengerechte Parkplätze und Toilettenanlagen, Orientierungshilfen für sehbehinderte oder hörgeschädigte Patientinnen und Patienten oder auch die Etablierung barrierefreier Kommunikationsmittel in der Praxis, die die

Kommunikation beispielsweise über SMS oder E-Mail verbessern.

 

„Mit dieser Förderung schaffen wir eine Win-Win-Win-Situation: Menschen mit Behinderungen oder in höherem Alter erleichtern wir den Zugang zur hausärztlichen Versorgung, die Hausärztinnen und Hausärzten entlasten wir bei kostspieligen Investitionen und drittens ist die Maßnahme geeignet, um den Hausarztmangel auf dem Land abzufedern“, erläutert Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi. Sowohl für viele ältere Hausärztinnen und Hausärzte als auch für jüngere Medizinerinnen und Mediziner, die über eine Praxisübernahme oder -neugründung nachdächten, seien die Investitionskosten in Umbaumaßnahmen zur Barrierefreiheit ein Hemmnis, den Praxisbetrieb fortzusetzen oder neu aufzunehmen. Philippi: „Durch die geplante Förderung der Barrierefreiheit in Arztpraxen kann eine Umstellung einer Praxis auf Barrierefreiheit den Erhalt des Praxisstandortes insgesamt positiv beeinflussen. Zudem bedeutet mehr Barrierefreiheit ein Plus an Versorgungsqualität beim demografischen Wandel auf dem Land.“

 

Gefördert werden bereits existierende, so genannte Bestandspraxen in Kommunen mit weniger als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Abwicklung der Förderung erfolgt über die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN), die die konkreten Mittel an die einzelnen Hausärztinnen und Hausärzte weiterleitet.

 

„Der barrierefreie Zugang zur ambulanten Versorgung hat sich im Laufe der Jahre schrittweise verbessert, gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Barrierefreiheit sowohl durch die Integration von weiteren Beeinträchtigungsarten als auch durch neue technische Möglichkeiten. Diese Entwicklung will das Land mit der jetzt ausgelobten Förderung unterstützen, die wir seit Jahren fordern und ausdrücklich begrüßen, sagt Thorsten Schmidt, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN). Schmidt weiter: „Die Herausforderungen an eine barrierefreie ambulante Gesundheitsversorgung betreffen nicht nur bauliche Maßnahmen, sondern auch Kenntnisse über die Kommunikation mit Betroffenen beispielsweise mit Angeboten in leichter Sprache. Auch die älter werdende Gesellschaft und ihre Versorgung durch Vertragsärztinnen und Vertragsärzte erfordern neue Antworten.“

 

Annetraud Grote, Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, erklärt: „Mehr Inklusion im Gesundheits- und Pflegesystem – das haben die Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen und die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. in der „Bad Nauheimer Erklärung“ im Mai 2023 gefordert. Zu Recht, da über 80 Prozent der Arzt- und Therapiepraxen für Menschen mit Behinderungen nicht oder nur eingeschränkt zugänglich und nutzbar sind. Diese Zahl ist umso erschreckender, da  Deutschland sich bereits 2009 sich mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention in Artikel 25 dazu verpflichtet hat , das „erreichbare Höchstmaß an Gesundheit ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung“ zu gewährleisten Für Menschen mit Behinderungen führt dies nicht nur zu starken Qualitätseinschränkungen bei der medizinischen Versorgung, sondern hat auch erhebliche Auswirkungen auf andere Lebensbereiche wie beispielsweise die Wohnortwahl. Damit schränkt die mangelnde Barrierefreiheit Menschen mit Behinderungen letztlich darin ein, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

 

Deshalb begrüße ich es als niedersächsische Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen ausdrücklich sehr, dass das Land Niedersachsen hier einen ersten Schritt geht, und insbesondere die Hausarztpraxen im ländlichen Raum in den Blick genommen werden – denn diese sind die Basis der medizinischen Versorgung. Dieses Förderprogramm ist ein weiterer Baustein für ein inklusives Niedersachsen.“