75 Jahre Grundgesetz: Wir leben das!

Vorstand und Grundgesetz

Am 23. Mai 2024 wird unser Grundgesetz 75 Jahre alt. Es ist das Fundament unseres Zusammenlebens in einem freien und demokratischen Rechtsstaat.

Grundgesetz Artikel 1

In Zeiten zunehmender Bedrohung unserer demokratischen und rechtsstaatlichen Grundprinzipien von innen wie von außen hat die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) als Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit als „verlängerter Arm des Staates“ sowie gleichzeitig als Interessenvertretung ihrer Mitglieder, der rund 16.800 Ärztinnen und Ärzte, der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, allen Grund, sich für den Erhalt unseres Grundgesetzes einzusetzen. Wir machen angesichts dieses Jubiläums darauf aufmerksam, was es aktuell heißt, in einem Gesundheitssystem zu arbeiten und zu agieren, in denen die Grundrechte gelebt werden und jeder im Sinne des Artikel 3 GG Zugang zu diesem Gesundheitssystem hat. In Artikel 3 heißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Ausrichtung benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“.

 

In Artikel 1 GG heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Dies ist der Maßstab nicht nur allen staatlichen Handelns. Der garantierte Schutz der Menschenwürde ist auch bei unseren Mitgliedern im hippokratischen Eid und in den Berufsordnungen verankert. Hier gibt es keine Einschränkung und unsere Mitglieder leben diese Menschenrechte im Rahmen ihrer ärztlichen und gesundheitlichen Handlungsmaßstäbe!

Grundgesetz Artikel 2

In Artikel 2 Absatz 2 steht: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“ Auf diesem Grundgedanken des Rechts der körperlichen Unversehrtheit in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 GG fußt unser Gesundheitssystem, das sich für die Bürger dieses Landes auf der einen Seite, sowie spiegelbildlich unter Anwendung der freien Berufswahl aus Art. 12 Grundgesetz für unsere Mitglieder auf der andere Seite, ausprägt.

 

Bei dem Anspruch auf Krankenbehandlung (der durch das Sozialgesetzbuch V in §27 normiert ist) und in der Ausübung der Berufsfreiheit treffen sich die Bürger als Patienten und unsere Mitglieder: Im Rahmen dieser Grundrechtsausübung kann der Gesetzgeber im Sinne des Gemeinwohls und des sogenannten Verhältnismäßigkeitsprinzip zwar begrenzen, im Kern aber können sich unsere Mitglieder in Ausübung ihres Berufs und die Bürger bei der Inanspruchnahme einer grundrechtlich angelegten Gesundheitsversorgung auf die Grundrechte berufen!

Wir leben das!

Grundgesetz Artikel 3

Wir treten dafür ein, dass dies auch so bleibt! Deutschland hat in seinem düstersten Kapitel des letzten Jahrhunderts erlebt, was es heißt, Menschen in einem willkürlichen System rechtlos zu stellen und das Gesundheitssystem unter Missachtung der Menschenwürde zu missbrauchen.

 

Die Holocaustüberlebende Eva Szepesi sagte am 31. Januar 2024 in der Gedenkstunde des Deutschen Bundestages für die Opfer des Nationalsozialismus, dass die Shoah nicht mit Auschwitz begann, sondern mit dem Schweigen und dem Wegschauen der Gesellschaft. Die KVN möchte weder schweigen noch wegschauen, sondern sich ausdrücklich zu dem Grundgesetz bekennen! Stark machen möchte sich die KVN als Vertretung der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte und der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten für den Erhalt unseres Grundgesetzes und dessen Grundwerte als Rahmen für das Zusammenleben in unserem Staat, insbesondere zu den in den Artikeln 1 bis 19 normierten Grundrechten.

 

Aktuell in Zeiten von Kriegen und der Bedrohung durch nationalistische und autokratische Bewegungen müssen wir unser Grundgesetz schützen. Wir werden auch unsere Nachwuchsprobleme durch den demografischen Wandel nur bewältigen, in dem wir unter Beachtung der Menschenwürde, der freien Entfaltung der Persönlichkeit sowie des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 1, 2, 3 GG) allen Menschen auch den Zugang zur Gesundheitsversorgung gewährleisten, auf der einen wie auf der anderen Seite. Stellen Sie sich einmal vor, wie die medizinische Versorgung sichergestellt werden sollte, wenn plötzlich wieder nur Menschen mit einer bestimmten Herkunft, aus bestimmten Ländern, eines bestimmten Geschlechts oder mit einer bestimmten Religion ärztlich tätig sein dürften. Es wäre schlechterdings nicht möglich. Ebenso unmöglich wäre die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung, sollten wieder ausgrenzende Maßstäbe Wirklichkeit werden.

 

Das als Übergangslösung nach dem zweiten Weltkrieg erarbeitete Grundgesetz sollten wir als Garanten für unser bisher äußerst erfolgreiches  demokratisches System anerkennen! Bleiben wir also wachsam und verteidigen wir unsere Grundrechte in einem freiheitlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen System mit einem für alle zugänglichen Gesundheitssystem. Wir als Körperschaft sowie unsere Mitglieder leben das - und zwar Tag für Tag. Ein Grund zum Feiern!