Pressemitteilung

Long-/Post-COVID-Ambulanzen an MHH und UMG eingerichtet

Haus- und Fachärzte stellen Vordiagnose und übernehmen Anmeldung

 

An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) werden ab sofort neue Anlaufstellen für Long-COVID-Erkrankungen eingerichtet. Die Modell-Institutsambulanzen sollen vorerst für ein Jahr am Zentrum für Seltene Erkrankungen der MHH bzw. der Zentralen Notaufnahme der UMG angegliedert werden.


Auf Initiative des Gesundheits- und des Wissenschaftsministeriums haben MHH und UMG eine entsprechende Vereinbarung mit der AOK Niedersachsen und dem Verband der Ersatzkassen Niedersachsen (vdek) sowie allen anderen GKV-Verbänden getroffen. Ziel ist es, den Betroffenen eine möglichst zeitnahe, strukturierte und interdisziplinäre Behandlung zu ermöglichen, wenn der Bedarf über die haus- und fachärztliche Versorgung hinausgeht. Insbesondere soll Menschen, die von anhaltender Arbeits- bzw. Schulunfähigkeit oder von schwerwiegender chronischer Erschöpfung betroffen sind, geholfen werden. Im Anschluss an die einjährige Modellphase werden die Erfahrungen und Bedarfe gesichtet und eine eventuelle Verstetigung der Angebote geprüft.


Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi: „Ich danke allen Beteiligten für ihr großes Engagement und die ausgeprägte Kooperationsbereitschaft! Wir alle möchten Betroffenen helfen und weitere Erkenntnisse über Long-/Post-COVID erlangen. Die Spätfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion können sehr schwerwiegend sein und die Behandlung entsprechend komplex. Die exzellenten Spezialistinnen und Spezialisten an MHH und UMG sind in komplexen Fällen mit ihrer Expertise die richtigen Anlaufstellen. Zentral in unserem Konzept ist hierbei die Diagnostik im Vorfeld durch die haus- und fachärztlichen Kolleginnen und Kollegen. Gar nicht so selten stellt sich dabei heraus, dass eine andere Erkrankung die Ursache der Beschwerden ist, dann kann unmittelbar die passende Therapie eingeleitet werden.“

Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs: „Die Covid-19-Pandemie hat die niedersächsische Infektionsmedizin vor große Herausforderungen gestellt – gleichzeitig aber die Vernetzung von Forschung und Versorgung enorm vorangebracht. Umso wichtiger ist es, bei der Erforschung der pandemischen Langzeitfolgen weiter am Ball zu bleiben: Mit rund neun Millionen Euro fördern wir im Rahmen des COFONI-Netzwerks Forschungsvorhaben, die alle relevanten medizinischen und gesellschaftlichen Auswirkungen betrachten. Zudem ermöglichen wir mit Mitteln in Höhe von bis zu 25 Millionen Euro aus zukunft.niedersachsen die Initiierung weiterer einschlägiger Forschungsvorhaben, beispielsweise im Bereich der personalisierten Medizin sowie der Bekämpfung seltener Erkrankungen. Es freut mich sehr, dass mit dem neuen Versorgungsangebot an MHH und UMG der Transfer neuer Erkenntnisse in die medizinische Praxis erleichtert und den Patientinnen und Patienten neue Aussicht auf Diagnose und Therapie gemacht werden kann.“


Dr. Jürgen Peter, Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen: „Mit den neuen Ambulanzen gehen wir in Niedersachsen einen entscheidenden Schritt in der interdisziplinären Versorgung von Long-/Post-Covid-Betroffenen. Wir helfen ihnen mit einer gut strukturierten und vernetzten Behandlung vom Hausarzt bis zur Spezialambulanz. Darüber hinaus geben wir den Betroffenen in Niedersachsen mit der Long-Covid-Hotline weiterhin Orientierung, Perspektive und ein offenes Ohr. Mit der frühzeitigen Einleitung von Reha-Maßnahmen bieten wir unseren Versicherten zudem zusammen mit der Deutschen Rentenversicherung einen unbürokratischen Weg in spezialisierte Einrichtungen.“


vdek-Landesleiter Hanno Kummer: „Wir freuen uns, als Ersatzkassen einen Beitrag zu den neuen Versorgungsmöglichkeiten zu leisten. Wir sind sicher, dass Betroffene damit gute Anlaufstellen haben. Besonders wichtig ist, dass es eine Versorgung mit unterschiedlichen Spezialisierungsstufen gibt. Das neue hochspezialisierte Angebot ergänzt in diesem Sinne wirkungsvoll die Behandlung durch Haus- und Fachärzte. Das kommt Patientinnen und Patienten mit besonderer Schwere oder Komplexität der Erkrankung zugute.“


„Durch die Etablierung dieser Versorgungsstruktur entsprechend der G-BA-Richtlinie nehmen wir in Niedersachsen bundesweit eine Vorreiterrolle ein. Zentren für Seltene Erkrankungen sind durch ihre interdisziplinäre und sektorübergreifende Vernetzung dafür prädestiniert, eine bessere Versorgung für die Betroffenen aller Altersgruppen zu ermöglichen“, erläutert Dr. Vega Gödecke als Oberärztin der Inneren Medizin an der MHH. „Unser interprofessionelles Team kümmert sich dabei wie Lotsinnen und Lotsen um die richtige Diagnose und Behandlung.“


„Die Einrichtung von speziellen Ambulanzen mit interdisziplinärer Ausrichtung ist für diese systemischen Erkrankungen von großer Bedeutung, um ein umfassendes, patientenorientiertes Versorgungsangebot sicherzustellen. Für die Patientinnen und Patienten soll damit eine rasche Wiedereingliederung in den beruflichen wie auch persönlichen Alltag ermöglicht werden. Durch die Anbindung der Long-/Post-COVID Ambulanzen an die Universitätsklinika ist die erforderliche Interdisziplinarität und Fachexpertise gegeben“, sagt Prof. Dr. Sabine Blaschke, Ärztliche Leiterin der Zentralen Notaufnahme und der Long-/Post-COVID Ambulanz der UMG.


Thorsten Schmidt, stellvertretender KVN-Vorstandsvorsitzender: „Post- und Long- COVID beschäftigen uns weit über die Coronapandemie hinaus. Hausärztinnen und Hausärzte aber auch Fachärztinnen und Fachärzte sind bei Post-COVID erste Ansprechpersonen für viele Patientinnen und Patienten. Dies bedeutet auch große Herausforderungen für den niedergelassenen Bereich. Die Diagnostik ist schwierig und aufwändig, der Gesprächsbedarf der Patientinnen und Patienten hoch. Bei der Behandlung von Coronalangzeitfolgen ist daher das neue Versorgungskonzept ein Meilenstein in der sektorenübergreifenden Vernetzung.“


Die Patientenversorgung erfolgt nach der „Richtlinie über eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID und Erkrankungen, die eine ähnliche Ursache oder Krankheitsausprägung aufweisen" zunächst durch an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärztinnen und Ärzte. Patientinnen und Patienten werden von Hausärztinnen und -ärzten betreut, bei entsprechender Art, Schwere und Komplexität der Erkrankung soll eine Überweisung in die fachärztliche Versorgung vorgenommen werden. Parallel können die behandelnden Haus-/Fachärzte mit Hilfe eines Anmeldebogens die Anmeldung an der MHH und UMG vornehmen. Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) hat kürzlich über dieses neue Angebot in einem Rundschreiben die Vertragsärzteschaft entsprechend informiert und den Anmeldebogen versendet.

Das Angebot richtet sich an Patientinnen und Patienten aller Altersgruppen mit folgenden Erkrankungsbildern, jeweils in Abhängigkeit von Bedarf und Schwere der Erkrankung im individuellen Fall:

 

  • mit Long-COVID-Erkrankung (Verdacht auf oder bereits gesichert) oder
  • mit Long-COVID-Erkrankung ähnlicher Symptomatik infolge einer anderen Infektion (post-akut) oder
  • mit Long-COVID-ähnlichen Symptomen einer SARS-CoV-2-Schutzimpfung nachfolgend (Post-Vac) oder
    • mit ME/CFS (Verdacht auf oder bereits gesichert) infolge einer Infektion mit SARS-CoV-2
    • aufgrund anderer Ursachen

Die Anmeldung der Patientinnen und Patienten über den Anmeldebogen erfolgt ausschließlich durch die zuweisende Praxis. Abschließend geben MHH und UMG Empfehlungen zum weiteren Behandlungsplan an den überweisenden Haus- bzw. Facharzt.

 

Kontaktmöglichkeiten:

Darüber hinaus steht auch die Long-Covid-Beratungshotline des Landes Niederachsen und der AOK Niedersachsen für Informationen zur Verfügung. Die Hotline ist unter der Telefonnummer 0511 / 120 2900 von Montag bis Freitag in der Zeit von 10 bis 14 Uhr erreichbar.