Kliniken sollen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten Konkurrenz machen

Kliniken sollen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten Konkurrenz machen

KVN: „Wichtiger ist die konsequente Förderung der Niederlassung.“

 

Mit seiner Klinikreform will Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Krankenhäuser für die ambulante Versorgung weiter öffnen. So steht es im abgestimmten Entwurf der Ampelkoalition zum Krankenhaus-Versorgungsverbesserungsgesetz, das aktuell in die Lesungen des Bundestages geht. Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) kritisiert die Idee grundlegend.

 

Sollten bisher sektorübergreifende Versorgungseinrichtungen in nicht gesperrten Bereichen für die hausärztliche Versorgung bereits ermächtigt werden können, soll dies jetzt auch für die fachärztlichen Versorgungsbereiche gelten.

 

„Diese Regelung ist ein noch weitergehender Angriff auf die ambulante vertragsärztliche Versorgung als es die bisher schon vorgesehene Regelung zur Ermächtigung von Krankenhäusern für hausärztliche Leistungen war“, sagte Mark Barjenbruch, KVN-Vorstandsvorsitzender, heute in Hannover.

 

„Öffentlich finanzierte Krankenhäuser sollen in direkte Konkurrenz zu privat finanzierten Arztpraxen treten. Die Vergütung der fachärztlich ermächtigten Krankenhausärzte soll aus dem Topf der vertragsärztlichen Gesamtvergütung erfolgen, was angesichts des Umstands, dass für die gleichen Leistungen, die von niedergelassenen Fachärzten erbracht werden, weiterhin eine Budgetierung vorgesehen ist, nicht hinnehmbar ist. Rational ist dies nicht mehr zu erklären“, so Barjenbruch.

 

„Um insbesondere unwirtschaftliche Krankenhäuser zu retten, sollen sie nun die Möglichkeit erhalten, in den Honorartopf der niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzte zu greifen. Die ministeriellen Füllhörner für die Krankenhäuser scheinen unerschöpflich. Auf diese Weise soll auch noch das kleinste und unrentabelste Krankenhaus irgendwie über Wasser gehalten werden“, kritisierte der KVN-Vorstand.


Statt die ambulante Versorgung in den strukturschwachen Regionen zu stärken und Niederlassungen zu fördern, solle der Krankenhaussektor nun von den Niedergelassenen quersubventioniert werden. „Dies sagt Lauterbach aber nicht so. Tatsächlich bringt er das Argument der sektorenübergreifenden und integrierten Versorgung als medizinische Grundversorgung in strukturschwachen Regionen ins Spiel. Dies sind reine Beruhigungspillen für die Bevölkerung, die ihr Krankenhaus vor Ort nicht verlieren wollen“, so Barjenbruch.


„Schon die Ermächtigung von Krankenhausärzten für die hausärztliche Versorgung haben wir kritisiert. Ministerielles Wunschdenken sowie ein Verkennen der realen Versorgungssituation prägen die Ideen aus dem Hause Lauterbach. Es ist völlig unklar, woher die Hausärztinnen und Hausärzte eigentlich kommen sollen, die in den Krankenhäusern die ambulante Versorgung übernehmen sollen. Denn schließlich herrscht in den betroffenen Regionen ja ein Mangel an Ärztinnen und Ärzten“, ergänze Thorsten Schmidt, stellvertretender KVN-Vorstand.


Schmidt weiter: „Die Erfahrungen anderer Länder wie Dänemark zeigen, dass eine isolierte Reform der Krankenversorgung zu Verwerfungen führt. Umso wichtiger ist es, dass die ambulante haus- und fachärztliche Versorgung konsequent weiterentwickelt wird, um insbesondere Patientinnen und Patienten mit komplexem Versorgungsbedarf behandeln zu können. Schon heute können Krankenhäuser überall dort, wo keine Niederlassungsbeschränkungen bestehen, mit einer MVZ-Gründung vollumfänglich an der ambulanten Versorgung teilnehmen.“


„Wichtiger ist die konsequente Förderung der Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten in der ambulanten Versorgung insbesondere in Selbstständigkeit“, forderte Schmidt, da diese mit einem wesentlich höheren ambulanten Wirkungsgrad tätig würden als Angestellte in einem Krankenhaus.


Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz soll am 18. Oktober in zweiter und dritter Lesung im Bundestag beraten werden.